Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau - Roßlau / Wittenberg   

Die Handwerksordnung (Auszug)
 

Neue Perspektiven für Handwerker und ihre Kunden

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges galten in den damaligen Besatzungszonen unterschiedliche Handwerksrechte. Mit Inkraftreten der Handwerksordnung wurde im Jahre 1953 eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Arbeit des Handwerks geschaffen. Verankert wurde der "Große Befähigungsnachweis", in einem Verzeichnis wurden Gewerbe aufgeführt, die als Handwerk ausgeübt werden konnten, die handwerkliche Berufsaus- und Fortbildung wurde geregelt und die Organisation des Handwerks neu gestaltet.

Am 1. Januar 2004 trat das 3. Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften sowie zur Förderung von Kleinunternehmen in Kraft.

Das 3. Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften haben zu einer grundlegenden Umstrukturierung des Handwerksrechts geführt.

1. "Große Handwerksnovelle"

Von den bisher 94 Vollhandwerken sind 41 Handwerke in der Anlage A (Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungspflichtige Handwerke betrieben werden können) verblieben.

Die Anlage B, 1. Abschnitt (Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungsfreie Handwerke betrieben werden können) nimmt die 53 Handwerke auf, die zuk&uumlnftig keinen Qualifikationsnachweis als Voraussetzung für die Selbständigkeit erfordern. In diesem 53 Berufen ist nach wie vor die Ablegung der Meisterprüfung - nun allerdings auf freiwilliger Basis - möglich. Dahingehend bleiben diese Berufe in jeder Beziehung (z.B. Förderungsinstrumente) den in der Anlage A verbleibenden Berufen gleichgestellt.

Unter Anlage B, 2. Abschnitt (Verzeichnis der Gewerbe, die als handwerksähnliche Gewerbe betrieben werden können) sind unverändert die handwerksähnlichen Berufe aufgeführt.

Altgesellenregelung

Ein (neuer) § 7b der Handwerksordnung regelt, unter welchen Voraussetzungen qualifizierte Gesellen sich selbständig machen können. Solche Gesellen erhalten dann eine sog. Ausübungsberechtigung, wenn sie in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk nach bestandener Gesellenprüfung eine Tätigkeit von insgesamt sechs Jahren ausgeübt haben, davon insgesamt vier Jahre in leitender Stellung. Eine leitende Stellung wird dann angenommen, wenn dem Gesellen eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnisse in einem Betrieb oder einem wesentlichen Betriebsteil übertragen worden sind. Der Nachweis hierüber kann durch Arbeitszeugnisse, Stellenbeschreibungen oder in anderer Weise erbracht werden. Die für die selbständige Handwerksausübung erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse gelten in der Regel durch die Berufserfahrung als nachgewiesen. Soweit das nicht der Fall ist, sind die erforderlichen Kenntnisse durch Teilnahme an Lehrgängen oder auf sonstige Weise zu belegen. Von dieser Altgesellenregelung ausgenommen sind die Schornsteinfeger und die Gesundheitsberufe Augenoptiker, Hörger&aumnl;teakustiker, Orthopädietechniker, Orthopädieschuhmacher und Zahntechniker.

Wegfall des Inhaberprinzips bzw. Betriebsleiterprinzips

Die bisher insbesondere für GmbH‘s geltende Regelung für Inhaber ohne Meisterprüfung, einen Handwerksbetrieb dann führen zu können, wenn sie einen Handwerksmeister einstellen, gilt jetzt auch für Personen und Personenunternehmen.

2. "Kleine Handwerksnovelle"

Der Text dieses Gesetzes definiert und regelt die Ausübung einfacher Tätigkeiten (nicht wesentliche Teiltätigkeiten eines zulassungspflichtigen Handwerks). Festgeschrieben wurde, dass eine Ausübung mehrerer (einfacher) Tätigkeiten dann nicht zulässig ist, wenn eine Gesamtbetrachtung ergibt, dass sie für ein bestimmtes zulassungspflichtiges Handwerk wesentlich sind. Über eine Änderung des §90 Handwerksordnung ist nun auch festgehalten, dass diejenigen, die eine solche Tätigkeit ausüben, dann zum Handwerk gehören, wenn sie die Gesellenprüfung in einem zulassungspflichtigen Handwerk abgelegt haben, die Tätigkeit Bestandteil der Erstausbildung in diesem Handwerk war oder es sich um Personen handelt, die ausbildungsvorbereitende Maßnahmen erfolgreich absolviert haben, wenn diese Maßnahmen Ausbildungsinhalte aus Ausbildungsordnungen vermitteln, die nach § 25 Handwerksordnung erlassen worden sind und insgesamt einer abgeschlossenen Gesellenausbildung im wesentlichen entsprechen; angeknüpft wird damit in der Frage der Zuordnung zum Handwerk an Qualifikationsaspekte.

§ 1

  1. Der selbstständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe ist nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften (selbstständige Handwerker) gestattet. Personengesellschaften im Sinne dieses Gesetzes sind Personalgesellschaften und Gesellschaften des Bürgerlichen Rechts.
  2. Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne dieses Gesetzes, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeit).

§ 2

  1. Die Vorschriften dieses Gesetzes für selbstständige Handwerker gelten auch
    für gewerbliche Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, in denen Waren zum Absatz an Dritte handwerksmäßig hergestellt oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig bewirkt werden,
  2. für handwerkliche Nebenbetriebe, die mit einem Versorgungs- oder sonstigen Betrieb der in Nummer 1 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Stellen verbunden sind,
  3. für handwerkliche Nebenbetriebe, die mit einem Unternehmen des Handwerks, der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft oder sonstiger Wirtschafts- und Berufszweige verbunden sind.
 

     

Handwerkspolitik vor Ort - gemeinsam sind wir stark!
 
Wir brauchen eine starke Berufsvertretung, um ein Partner für die Landkreise, Städte und Gemeinden zu sein, zum Beispiel bei der Unterstützung der kommunalen Wirtschafts- förderung, bei Ausschreibungen sowie Vergabe von Aufträgen.

Die Handwerksbetriebe sorgen durch ihren Innungsbeitritt für die notwendige Stärke und tragen so zur Förderung des Handwerks in ihrem regionalen Umfeld bei.

Das Handwerk schafft Arbeits- und Ausbildungsplätze:

Den Kreis-, Stadt- und Gemeindeverwaltungen sollte daher im eigenen Interesse an einer guten Entwicklung des ortsansässigen Handwerks gelegen sein, und den politischen und verwaltungsrechtlichen Rahmen für diese Entwicklung unbürokratisch schaffen. Deshalb reden Sie mit der Kreishandwerkerschaft - wir sind Ihre Partner zum Wohle des ortsansässigen Handwerks.

Nur wer Innungsmitglied ist, kann die Leistungen in Anspruch nehmen.

Bei Vergaben das einheimische Handwerk berücksichtigen

Es ist selbstverständlich, dass wie jeder andere wirtschaftlich Denkende auch, öffentliche Auftraggeber im Interesse ihrer Bürger Wert darauf legen müssen, sparsam zu haushalten. Eine Reihe von Vorschriften zwingen den öffentlichen Auftraggeber dazu, jeweils den preisgünstigsten Anbieter von Waren oder Leistungen zu beauftragen. Es ist nun nicht immer eindeutig klar, welcher von mehreren Anbietern der preisgünstigste ist. Der Preis allein gibt hierüber keineswegs abschließend Auskunft.

Einheimische Handwerksunternehmer zahlen in ihrer Heimatgemeinde die Gewerbesteuern. Sie geben überwiegend einheimischen Mitarbeitern Arbeits- und Ausbildungsplätze. Auch diese Mitarbeiter tragen durch Steuern, Gebühren und ihren gesamten Konsum zur Stärkung der Gemeindefinanzen bei. Diese positiven finanziellen Auswirkungen im Falle der Auftragsvergabe an ortsansässige Unternehmer werden viel zu wenig berücksichtigt.

Der Handwerker am Ort ist mit der Qualität seiner Arbeit im besonderen Maße auf den guten Ruf seines Unternehmens angewiesen. Ihm kann es nicht nur um einen einzigen lukrativen Auftrag gehen. Er muss an die Zukunft seines Betriebes und dessen Arbeits- und Ausbildungsplätze denken. Der einheimische Betrieb ist im Falle auftretender Schäden oder späterer Ergänzungs- und Renovierungsarbeiten rasch und verhältnismäßig kostengünstig wieder an die Baustelle zu holen. Für den auswärtigen Betrieb ist eine Schadenersatz- forderung unter Umständen günstiger als die Ausführung einer Mängelbeseitigung.

Verantwortungsbewusste Kommunalpolitiker und Mitarbeiter der Verwaltung werden diese Gesichtspunkte sicher häufig auch mit in ihre Überlegungen bei Ausschreibungen einbeziehen. Die Kreishandwerkerschaft vertritt jedoch auf Grund ihr vielfältig zugehender Informationen die Auffassung, dass dies in manchen Kommunen in noch nicht zufrieden- stellendem Maße geschieht. Die Beauftragung auswärtiger Firmen geschieht - so wird immer wieder zur Entschuldigung vorgetragen - häufig nur deshalb, weil für Spezialarbeiten ortsansässige Formbetriebe nicht bekannt sind und der auswärtige Großbetriebe mehr Finanzmittel zur Verfügung hat, um sich überall bekanntzumachen. Auch hier soll diese Information Hilfe für alle die sein, die im Vergabewesen Entscheidungen vorzubereiten oder zu treffen haben.